Rad-Tour Richtung "S"

Vorgeschichte:

Eines Tages, ca. 2 Wochen vor meiner Urlaubszeit überlegte ich, was ich machen könnte, damit dieses Jahr nicht "vergeudet" war. - Ich fühlte mich leer, die scheiß Schulzeit hinter mir, das dumme Pflichtpraktikum nahezu vorbei und ein Jahr einfach so dahingelebt zu haben...

Da kam mir nur eine Idee: Mit dem Rad nach Finale Ligure.

Mein Puls schnellte in die Höhe, mein Gehirn begann zu glühen und ich fühlte plötzlich Power in meinem Körper. In der folgenden Nacht konnte ich nicht richtig schlafen und dachte nur an diesen Traum - ich dachte an jedes Detail, wie ich was, wann, wo machen würde; war begeistert und spürte die Lebensenergie. Ich war fasziniert etwas machen zu wollen, das niemand gerne macht (- sich so abzuquälen) und ich doch Freude daran finden kann.

Ich war damals 17 Jahre alt, hatte wie jeder bereits bestimmte Vorstellungen über meine Zukunft, jedoch glaubte ich noch nicht die Personen zu kennen, die so dachten wie ich. So entschied ich mich, in diesen Urlaub alleine zu starten.

Am vorletzten Tag meines Praktikums und damit kurz vor meinem Antritt saß meine Familie zufällig beisammen. Dabei kamen wir auch auf meiner Tour zu sprechen und meine Eltern ließen mich wissen, dass ich nicht weiter als bis zum Gardasee zu fahren habe. - In diesem Moment fühlte ich mich geohrfeigt. Ich kam mir elend vor. Gehe ein ganzes Jahr Schule, freue mich jeden Tag auf die Ferien um dann endlich Zeit für etwas Geiles zu haben, habe dann durch das Ferial-Pflichtpraktikum nahezu fast keine Zeit, habe mein "Geiles" gefunden und darf plötzlich so quasi auf das nächste Jahr warten... Jedesmal, wenn ich etwa sagen wollte, wusste ich nicht, ob ich den Satz zu Ende bringen konnte, ohne zu weinen zu beginnen. Da musste ich gehen. 

Ich saß dann da in meinem Trainings-Kammerl, völlig lustlos und dachte vor mich hin. Ich verstand, dass ich noch rel. jung war und sie sich daher viele Sorgen um mich machten. Mir konnte viel bei dieser Tour passieren und sie wollten eben, dass nichts passiert; und wenn trotzdem, dass sie mir gleich helfen konnten, welches bei geringerer Entfernung leichter möglich ist. 

Da kam meine Mutter und teilte mir mit, was zu machen wäre, wenn ich weiter als "nur" bis zum Gardasee fahre. Plötzlich schlug mein Herz wieder auf, ich smilte und wusste genau, dass es super werden würde. 

Tour:

Nach 2-tägigem strampeln von Axams (Tirol) mit Zwischenstop in Bozen und weiter zum Gardasee, versuchte ich mich in Arco zu regenerieren. Anfangs stellte ich mir vor, wenn ich zum Radfahren zu fertig bin, gehe ich einfach klettern. Jedoch war ich damals vom Radfahren auch zu fertig zum klettern.

am Passo San Giovanni beim Bouldern bei meiner Schlafstätte

12.8.98: Es ist 16:40; Donner ist zu hören, der Wind bläst und die Wolken lassen kein Licht mehr durch. Ich befinde mich allein im Bouldergebiet Passo San Giovanni bei Arco. Meine Sachen habe ich unter der "Bol de Ri" und hoffe, dass ich da trocken bleibe. 

Von Tag zu Tag raubt es mir immer mehr die Motivation: Ich dachte mir: "jetzt fahre ich zum Passo, dort kann ich gscheit klettern und trainieren, bis ich mich zum weiterfahren regeneriert habe", aber nix: Ich bin ausgelaugt, habe keine Kraft, nach ca. 1/2 stündigem Bouldern schmerzen meine Finger, wenn die Sonne scheint, ist´s zu heiß - daher sitze ich nur rum und werde zum Nervenkrüppel.

Ich habe mich entschieden, ab jetzt mehr Zeit unter Leuten zu verbringen, allein unter irgend welchen Felsen zu schlafen, raubt mir die Motivation. 

14.8.98: Am 5. Tag trat ich die Weiter-Fahrt nach Finale an. Ich führ von Arco 93 Kilometer zum südlichen Ende des Gardasees, wo ich fix und fertig nach etlichem Abklappern der Campingplätze noch einen freien Platz ergatterte. Ich stellte mein Zelt auf, duschte, kaufte Nahrungsmittel und rief zu Hause an. - Da sagt Mum, dass mich Tata (Vater) nicht weiterfahren lässt - aus der Traum von Finale. Außerdem möchten sie am Wochenende auch zum Gardasee kommen.

Ich umrundete dann den See fertig um in Arco auf die Parents zu warten. Anfangs war ich froh, dass jemand anderer meine Tour beendet hatte, jedoch dann merkte ich, dass ich erst jetzt begonnen hatte, mich auf die Reise einzustellen und ich diese zu genießen anfing.

Kommentar:

Ich habe mit dieser "kleinen Reise" für mich viele Erfahrungen erlebt und festgestellt: Jeder Mensch hat bestimmte Vorstellungen über sein Leben und die meisten behaupten: "Ich mach´ nur das, was ich will." Die meisten meinen jedoch, sie bräuchten unbedingt Begleiter, um endlich gemeinsame Ziele anfangen zu können, diese zu verwirklichen. Auf solche Freunde wartet man meistens vergelbich. Wenn man nun eguistisch stur seine Ziele verfolgt, gegebenenfalls auch alleine, kreuzt man unweigerlich immer wieder die Wege genau der Leute mit gleichen Interessen. - Somit ist man so auf dem besten Weg ein Leben nach den eigenen Vorstellungen zu leben; man muß nur den Entschluß dazu fassen.

Diese Rad-Tour ist sicherlich nicht das große Abenteuer, jedoch empfinden es manche Leute als etwas Besonderes:

  1. mit dem Rad von Axams zum Gardasee zu fahren
  2. dieses auch noch allein
  3. war ich damals auch noch nicht der Älteste

Auch weil es mein erstes kleines Abenteuer war, habe ich mich entschieden, es hier grob zu präsentieren.